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begriffe:resonanz

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Resonanz


lat. resonare engl. resonance
franz. résonance Gegenbegriffe
WortfeldWiderhall, Echo, Nachhall, Bio-Resonanztherapie, Resonanzkörper, Magnet-Resonanz-Tomographie

Disziplinäre Begriffe

  • Naturwissenschaften: Helmholtz: Unterscheidung in akustische, mechanische, elektrische, elektromagnetische Resonanz.
  • Physik: Vorgänge, bei denen ein schwingungsfähiges System mit seiner Eigenfrequenz durch Energiezufuhr angeregt wird (Vgl.: Fachgebiet Akustik).
  • Soziologie: In der Luhman'schen Systemtheorie als Fachbegriff gebraucht.
  • Musik: Klangkörper/ Resonanzkörper.
  • Medizin/ Technik: Bildgebende Verfahren zur medizinischen Diagnostik (Kernspin-Tomographie).

Material

A. Primärmaterial

1742Zedler, Johann Heinrich: (Art.) Resonanz, in: Grosses vollständiges Universal Lexicon aller Wissenschafften und Künste, Bd. 31, S. 386.

B. Sekundärmaterial

Begriffsgeschichtliche Arbeiten

  • Abschlusskonferenz des Graduiertenkollegs "Körper-Inszenierungen" vom 18. - 20. Mai 2006: Körperwellen. Zur Resonanz als Modell, Metapher und Methode
Call for Paper: Als Resonanz wird in der Physik das Mitschwingen eines schwingungsfähigen Systems verstanden, dessen Eigenfrequenz mit der Anregungsfrequenz einer äußeren Kraft übereinstimmt. Resonanzeffekte lassen sich auch dann feststellen, wenn Eigen- und Anregungsfrequenz leicht voneinander abweichen. Diese Unschärfe begegnet uns auch in den Verwendungen des Resonanzbegriffes in verschiedenen Epochen und Disziplinen, die auf unterschiedlichste Weise das Verhältnis sich wechselseitig bedingender und anregender Systeme, Körper und Modelle thematisieren. Das Bedeutungsquadrat von Resonanz - "Widerhall, Mittönen, Wirkung, Anteilnahme" - umspannt die Reichweite des Begriffs und errichtet zugleich historische sowie alltags- und fachsprachliche Wahrnehmungsschranken. Eine zentrale Bedeutung kommt dem Phänomen von jeher beim Bau von Musikinstrumenten zu. Ausschlaggebend ist dabei nicht allein, dass ein erzeugter Ton über ein Medium, den Resonanzkörper, verstärkt wird und dabei an klanglicher und räumlicher Präsenz gewinnt - im Moment des Widerhalls regt sich vielmehr auch das Medium selbst. Nicht der Atem allein erklingt in der menschlichen Stimme, sondern, um mit Roland Barthes zu sprechen, "jene Materialität des Körpers, die der Kehle entsteigt, dem Ort an dem das Lautmetall gehärtet und gestanzt wird." Im Rahmen der geplanten Konferenz soll der Körper als Schauplatz von Resonanzphänomenen untersucht werden: Von der physikalischen Tatsache des Mitschwingens zum sinnhaft erfahrbaren Resonanzphänomen, vom Erfahrbaren zum instrumentalen Konzept des Resonanzkörpers und von dort zum ästhetischen Prinzip verschiedener Resonanzeffekte als Kontaktfläche des menschlichen Körpers mit seiner Umwelt im Raisonnieren und schließlich als Gleichnis für die Verortung von Körpern und Systemen zwischen Eigen- und Fremddynamik. Im Hintergrund schwingt dabei die Frage mit, inwiefern der Körper nicht nur in Resonanz versetzt wird, sondern als Begriff gerade innerhalb des kulturwissenschaftlichen Feldes der letzten Jahre selbst zu einem Phänomen wurde, das Resonanzeffekte zwischen verschiedenen Disziplinen erzeugt hat. Begriff, Theorie und Metapher der Resonanz schlagen sich zwar bereits in antiken Quellen nieder, doch kündet sich mit dem Auftreten des Terminus im englischsprachigen Raum der frühen Neuzeit eine Bedeutungsverschiebung an. Vor allem im 17. Jahrhundert werden Resonanzphänomene nicht nur experimentell erkundet, sondern auch als Erkenntnismodelle fruchtbar gemacht. Auffällig sind dabei die epistemologischen Differenzen, die sich einerseits in der metaphorischen Neukalibrierung, andererseits in den akustischen, naturphilosophischen, wahrnehmungstheoretischen und ästhetischen Revisionen von Resonanz artikulieren. So werden Modelle aus dem Instrumentenbau auf das Verhältnis von Körper und Seele übertragen wie etwa in der Leibnizschen Metapher der "zwei Saiten, die auf denselben Ton gestimmt" sind. Um 1800 ist es vor allem die Problematisierung des akustischen Modells und seiner Implikationen, die für die physiologische Wahrnehmungstheorie (Soemmering, Ritter) und das Kantische Konzept eines Zusammenspiels von Verstand und Einbildungskraft anregend wirken. Die experimentelle Erkundung der Resonanz führt in der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts zu einer physikalisch ausgerichteten Theorie der Tonempfindungen (Helmholtz). Im 20. Jahrhundert wird dieses Verständnis der Resonanz abgelöst von einer Einordnung in kognitionspsychologische Modelle. Im Zuge weit reichender medialer Umbrüche taucht die Resonanz auf zwei Ebenen auf: Sie verwirklicht sich als medienimmanente Technologie und wird damit zur Voraussetzung eines massenmedial erzeugten Kollektivkörpers. Die Konferenz soll die Debatte um Kulturräume als Resonanzräume aufgreifen, in welcher Fragen nach der Architektonik epistemologischer Konfigurationen angelegt sind. In der Systemtheorie Niklas Luhmanns wird Resonanz zur Übertragungsmöglichkeit für Prozesse aufgrund der Gleichartigkeit miteinander verbundener Systeme. Resonanz setzt hier voraus, dass gleichartige Systemzonen existieren, zwischen denen eine Verbindung Austausch ermöglicht. Methodischen Charakter nimmt der Begriff in wissenschaftshistorischer Perspektive an, wenn von der Evidenzproduktion durch Resonanz-Effekte die Rede ist. So hat beispielsweise Hans-Jörg Rheinberger nachgewiesen, wie in der Laborwissenschaft die "Übereinstimmung von Befunden aufgrund zweier verschiedener Darstellungstechniken" konstruiert wird. Anregungen verspricht sich die Konferenz auch von der Suche nach Perspektiven, die der Resonanzbegriff in Theorien der Sprache, der Schrift und der Stimme sowie ihren vielfältigen Verflechtungen eröffnet. Zu untersuchen wäre dabei der "Resonanzraum der Stimme", wie er im Rahmen der Kritik am Logozentrismus diskutiert wird. Für Jacques Derrida ist die "Resonanz (résonance) [.] nicht mehr der Akt des Ertönens (résonner)", sie oszilliert von nun an un-differenziert zwischen aktivem Bewegen und passivem Bewegt-Werden. Die Phänomenologie dagegen erkundet den grenzenlosen, halluzinatorischen Ort der Zwischenleiblichkeit, der durch Resonanzeffekte eröffnet wird (B. Waldenfels). Von einem literaturwissenschaftlichen Zugang her ließe sich nach den Resonanzräumen von Texten fragen, nach intertextuellen Effekten ebenso wie nach der Figur des ,horchenden Lesers'. Und immer stellt sich für die darstellenden Künste - Schauspiel, Tanz, Musiktheater, Performancekunst - die Frage der Aufschreibbarkeit der kinästhetischen Erfahrung im Resonanzraum zwischen Schrift und Choreographie. Für die Medienwissenschaft wiederum konturiert der Kracauersche Begriff des Resonanzeffekts ein weitreichendes Problemfeld. Für Stephen Greenblatt wird die Resonanz in Formen wissenschaftlicher Aufmerksamkeit des Historikers für die Quellen wirksam, die im Moment des Betrachtens ein Eigenleben annehmen, in dem historische Bezüge und Fragen laut werden.
  • Hildebrandt, H.: (Art.) Resonanz, in: Historisches Wörterbuch der Philosophie. Hg. v. J. Ritter u. K. Gründer. Bd. 8, Basel, 1992, Sp. 916 - 920.
Inhalt: Wissenschaftsgeschichtlicher Artikel, der den physikalischen und sinnesphysiologischen Resonanzbegriff beschreibt. Im 18. Jhd. beginnt die systematische sinnesphysiologische Untersuchung der Resonanz. Nach den Entwicklung der Fourieranalyse durch G. S. Ohm und der Entdeckung des corischen Organs wird die Resonanztheorie formuliert, welche physikalsiche, physiologische und psychische Elemente verbindet. Das Resonanzphänomen wird zum paradigmatischen Programm einer physikalischen Physiologie, die von Helmholz, Du Bois-Remyond und Brücke entwickelt wurde um naturphilosophische und spekulative Ansätze in der Biologie zu überwinden. Im 20. Jhd gerät dieses Resonanzmodell aber zusehend in Kritik. Heute wird stärker zwischen physikalisch-physiologischen und psychologischen Wirkungen von Tönen unterschieden.
In der Gedächtnisphysiologie dient der Resonanzbegriff als Metapher zur Erklärung des Wiedererkennens und der Ähnlichkeitsassoziation.
Moderne sinnes- und neurophysiologische Konzepte gehen in Gegensatz zu den bisher dargelegte Resonanzbegriffen allerdings nicht von der Starrheit, sondern von der Eigendynamik des resonierenden Systems aus.
Jüngster Literaturhinweis 1989.

Siehe auch:

  • Prinz, W.: (Art.) Erkennen, Erkenntnis, in: Historisches Wörterbuch der Philosophie. Hg.v. J. Ritter u. K. Gründer. Bd. 2, Basel/Stuttgart, 1972, Sp. 643 - 681.
  • Scholz, G.: (Art.) Musik, in: Historisches Wörterbuch der Philosophie. Hg.v. J. Ritter u. K. Gründer. Bd. 6, Basel/Stuttgart, 1984, Sp. 242 - 257.

Sonstige Literatur

  • Karsten Lichau, Vikotria Tkaczyk, Rebecca Wolf, Hrsg.: Resonanz. Potentiale einer aktustischen Figur, München 2009 Inhalt
begriffe/resonanz.1363625044.txt.gz · Zuletzt geändert: 2015/12/15 14:36 (Externe Bearbeitung)