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 |**ca. 1800**|Schelling, Friedrich Wilhelm Joseph: Schelling sagt, dass in allen möglichen Untersuchungen die Ausmittlung der reinen, der wahren Tatsache das Erste und Wichtigste, aber auch Schwierigste ist. Schelling: Sämtliche Werke I, 10, 1836, S. 228.| |**ca. 1800**|Schelling, Friedrich Wilhelm Joseph: Schelling sagt, dass in allen möglichen Untersuchungen die Ausmittlung der reinen, der wahren Tatsache das Erste und Wichtigste, aber auch Schwierigste ist. Schelling: Sämtliche Werke I, 10, 1836, S. 228.|
 |**1812/1813**|Fichte, Johann Gottlieb: Einleitungsvorlesungen in die Wissenschaftslehre, die transcendentale Logik, und die Thatsachen des Bewusstseins; vorgetragen zu Berlin in 1812 und 1813. Nachgelassene Werke, Bd. 1. Bonn, 1834. (V.a. S. 401ff.) Fichte ersetzt Tatsache durch Tathandlung.| |**1812/1813**|Fichte, Johann Gottlieb: Einleitungsvorlesungen in die Wissenschaftslehre, die transcendentale Logik, und die Thatsachen des Bewusstseins; vorgetragen zu Berlin in 1812 und 1813. Nachgelassene Werke, Bd. 1. Bonn, 1834. (V.a. S. 401ff.) Fichte ersetzt Tatsache durch Tathandlung.|
-|**1878**|Helmholtz, Die Tatsachen in der Wahrnehmung.|+|**1878**|Helmholtz, Die Tatsachen in der Wahrnehmung. In: Hörz, H. und S. Wollgast (Hg.): Hermann von Helmholtz. Philosophische Vorträge und Aufsätze. Akademie-Verlag, Berlin, 1971, S. 247-282.|
 |**1883**|Dilthey, Wilhelm: Einleitung in die Geisteswissenschaften. Versuch einer allgemeinen Grundlegung für das Studium der Gesellschaft und der Geschichte. In: Gesammelte Schriften Bd. I. Hg. von Karlfried Gründer u. Frithjof Rodi. Göttingen; Stuttgart, 9. Aufl., 1990. \\ Begriffe der "Bewußtseinstatsachen" und der "geistigen Tatsachen" (Kap. II; S. 4-14). Hier vor allem: \\ "Gerade hier macht sich aber die Unvergleichbarkeit materieller und geistiger Vorgänge in einem ganz an deren Verstande geltend und zieht dem Naturerkennen Grenzen von einem durchaus anderen Charakter. Die Unmöglichkeit der Ableitung von geistigen Tatsachen aus denen der mechanischen Naturordnung, welche in der Verschiedenheit ihrer Provenienz gegründet ist, hindert nicht die Einordnung der ersteren in das System der letzteren. Erst wenn die Beziehungen zwischen den Tatsachen der geistigen Welt sich als in der Art unvergleichbar mit den Gleichförmigkeiten des Naturlaufs zeigen, daß eine Unterordnung der geistigen Tatsachen unter die, welche die mechanische Naturerkenntnis festgestellt hat, ausgeschlossen wird: dann erst sind nicht immanente Schranken des erfahrenden Erkennens aufgezeigt, sondern Grenzen, an denen Naturerkenntnis endigt und eine selbständige, aus ihrem eigenen Mittelpunkte sich gestaltende Geisteswissenschaft beginnt. Das Grundproblem liegt sonach in der Feststellung der bestimmten Art von Unvergleichbarkeit zwischen den Beziehungen geistiger Tatsachen und den Gleichförmigkeiten materieller Vorgänge, welche eine Einordnung der ersteren, eine Auffassung von ihnen als von Eigenschaften oder Seiten der Materie ausschließt und welche sonach ganz anderer Art sein muß als die Verschiedenheit, die zwischen den einzelnen Kreisen von Gesetzen der Materie besteht, wie sie Mathematik, Physik, Chemie und Physiologie in einem sich immer folgerichtiger entwickelnden Verhältnis von Unterordnung darlegen. Eine Ausschließung der Tatsachen des Geistes aus dem Zusammenhang der Materie, ihrer Eigenschaften und Gesetze wird immer einen Widerspruch voraussetzen, der zwischen den Beziehungen der Tatsachen auf dem einen und denen der Tatsachen auf dem anderen Gebiet bei dem Versuch einer solchen Unterordnung eintritt. Und dies ist in der Tat die Meinung, wenn die Unvergleichbarkeit des geistigen Lebens an den Tatsachen des Selbstbewußtseins und der mit ihm zusammenhängenden Einheit des Bewußtseins, an der Freiheit und den mit ihr verbundenen Tatsachen des sittlichen Lebens aufgezeigt wird, im Gegensatz gegen die räumliche Gliederung und Teilbarkeit der Materie sowie gegen die mechanische Notwendigkeit, unter welcher die Leistung des einzelnen Teils derselben steht. So alt beinahe, als das strengere Nachdenken über die Stellung des Geistes zur Natur, sind die Versuche einer Formulierung dieser Art von Unvergleichbarkeit des Geistigen mit aller Naturordnung, auf Grund der Tatsachen von Einheit des Bewußtseins und Spontaneität des Willens." (S. 11-12) [[http://www.zeno.org/Philosophie/M/Dilthey,+Wilhelm/Einleitung+in+die+Geisteswissenschaften/Erstes+einleitendes+Buch/II.+Die+Geisteswissenschaften+ein+selbständiges+Ganzes+neben+den+Naturwissenschaften|Volltext online.]]| |**1883**|Dilthey, Wilhelm: Einleitung in die Geisteswissenschaften. Versuch einer allgemeinen Grundlegung für das Studium der Gesellschaft und der Geschichte. In: Gesammelte Schriften Bd. I. Hg. von Karlfried Gründer u. Frithjof Rodi. Göttingen; Stuttgart, 9. Aufl., 1990. \\ Begriffe der "Bewußtseinstatsachen" und der "geistigen Tatsachen" (Kap. II; S. 4-14). Hier vor allem: \\ "Gerade hier macht sich aber die Unvergleichbarkeit materieller und geistiger Vorgänge in einem ganz an deren Verstande geltend und zieht dem Naturerkennen Grenzen von einem durchaus anderen Charakter. Die Unmöglichkeit der Ableitung von geistigen Tatsachen aus denen der mechanischen Naturordnung, welche in der Verschiedenheit ihrer Provenienz gegründet ist, hindert nicht die Einordnung der ersteren in das System der letzteren. Erst wenn die Beziehungen zwischen den Tatsachen der geistigen Welt sich als in der Art unvergleichbar mit den Gleichförmigkeiten des Naturlaufs zeigen, daß eine Unterordnung der geistigen Tatsachen unter die, welche die mechanische Naturerkenntnis festgestellt hat, ausgeschlossen wird: dann erst sind nicht immanente Schranken des erfahrenden Erkennens aufgezeigt, sondern Grenzen, an denen Naturerkenntnis endigt und eine selbständige, aus ihrem eigenen Mittelpunkte sich gestaltende Geisteswissenschaft beginnt. Das Grundproblem liegt sonach in der Feststellung der bestimmten Art von Unvergleichbarkeit zwischen den Beziehungen geistiger Tatsachen und den Gleichförmigkeiten materieller Vorgänge, welche eine Einordnung der ersteren, eine Auffassung von ihnen als von Eigenschaften oder Seiten der Materie ausschließt und welche sonach ganz anderer Art sein muß als die Verschiedenheit, die zwischen den einzelnen Kreisen von Gesetzen der Materie besteht, wie sie Mathematik, Physik, Chemie und Physiologie in einem sich immer folgerichtiger entwickelnden Verhältnis von Unterordnung darlegen. Eine Ausschließung der Tatsachen des Geistes aus dem Zusammenhang der Materie, ihrer Eigenschaften und Gesetze wird immer einen Widerspruch voraussetzen, der zwischen den Beziehungen der Tatsachen auf dem einen und denen der Tatsachen auf dem anderen Gebiet bei dem Versuch einer solchen Unterordnung eintritt. Und dies ist in der Tat die Meinung, wenn die Unvergleichbarkeit des geistigen Lebens an den Tatsachen des Selbstbewußtseins und der mit ihm zusammenhängenden Einheit des Bewußtseins, an der Freiheit und den mit ihr verbundenen Tatsachen des sittlichen Lebens aufgezeigt wird, im Gegensatz gegen die räumliche Gliederung und Teilbarkeit der Materie sowie gegen die mechanische Notwendigkeit, unter welcher die Leistung des einzelnen Teils derselben steht. So alt beinahe, als das strengere Nachdenken über die Stellung des Geistes zur Natur, sind die Versuche einer Formulierung dieser Art von Unvergleichbarkeit des Geistigen mit aller Naturordnung, auf Grund der Tatsachen von Einheit des Bewußtseins und Spontaneität des Willens." (S. 11-12) [[http://www.zeno.org/Philosophie/M/Dilthey,+Wilhelm/Einleitung+in+die+Geisteswissenschaften/Erstes+einleitendes+Buch/II.+Die+Geisteswissenschaften+ein+selbständiges+Ganzes+neben+den+Naturwissenschaften|Volltext online.]]|
 |**1901**|Husserl, Edmund: Logische Untersuchungen. Untersuchungen zur Phänomenologie und Theorie der Erkenntnis. Zweiter Teil: Text nach Husserliana XIX/2. Hamburg; Meiner, 1992. \\ "§ 65. Das widersinnige Problem der realen Bedeutung des Logischen \\ Wir verstehen nun auch vollkommen, warum der Gedanke, es könne der Wettlauf die logischen Gesetze - jene analytischen Gesetze des eigentlichen Denkens bzw. die darauf gebauten Normen uneigentlichen Denkens - je verleugnen oder es müßte und könnte die Erfahrung, der //matter of fact// der Sinnlichkeit die Gesetze allererst begründen und Ihnen die Grenzen ihrer Gültigkeit vorschreiben, nichts als Widersinn ist. Wir sehen davon ab, daß auch die Wahrscheinlichkeitsbegründung auf Tatsachen hin eben Begründung ist, die als solche unter Idealgesetzten steht, Gesetzen, die (wie wir voraussehen) in den "eigentlichen" Wahrscheinlichkeitserlebnissen nach ihrem spezifischen Bestande und als generelle Gesetze fundiert sind. Hier gilt es vielmehr, darauf hinzuweisen, daß das sozusagen Tatsächliche der Tatsache zur Sinnlichkeit gehört und daß der Gedanke, durch Hilfe der Sinnlichkeit rein kategoriale Gesetze zu begründen - Gesetz, die ihrem Sinn nach alle Sinnlichkeit und Tatsächlichkeit ausschließen und bloß über kategoriale Formen, als Formen möglicher Richtigkeit, bzw. Wahrheit überhaupt, reine Wesensaussagen machen -, die klarste //ετάβασις είς äλλo γένος// darstellt. Gesetze die keine Tatsachen meinen, können durch keine Tatsache bestätigt oder widerlegt werden. [...]" (S. 728)| |**1901**|Husserl, Edmund: Logische Untersuchungen. Untersuchungen zur Phänomenologie und Theorie der Erkenntnis. Zweiter Teil: Text nach Husserliana XIX/2. Hamburg; Meiner, 1992. \\ "§ 65. Das widersinnige Problem der realen Bedeutung des Logischen \\ Wir verstehen nun auch vollkommen, warum der Gedanke, es könne der Wettlauf die logischen Gesetze - jene analytischen Gesetze des eigentlichen Denkens bzw. die darauf gebauten Normen uneigentlichen Denkens - je verleugnen oder es müßte und könnte die Erfahrung, der //matter of fact// der Sinnlichkeit die Gesetze allererst begründen und Ihnen die Grenzen ihrer Gültigkeit vorschreiben, nichts als Widersinn ist. Wir sehen davon ab, daß auch die Wahrscheinlichkeitsbegründung auf Tatsachen hin eben Begründung ist, die als solche unter Idealgesetzten steht, Gesetzen, die (wie wir voraussehen) in den "eigentlichen" Wahrscheinlichkeitserlebnissen nach ihrem spezifischen Bestande und als generelle Gesetze fundiert sind. Hier gilt es vielmehr, darauf hinzuweisen, daß das sozusagen Tatsächliche der Tatsache zur Sinnlichkeit gehört und daß der Gedanke, durch Hilfe der Sinnlichkeit rein kategoriale Gesetze zu begründen - Gesetz, die ihrem Sinn nach alle Sinnlichkeit und Tatsächlichkeit ausschließen und bloß über kategoriale Formen, als Formen möglicher Richtigkeit, bzw. Wahrheit überhaupt, reine Wesensaussagen machen -, die klarste //ετάβασις είς äλλo γένος// darstellt. Gesetze die keine Tatsachen meinen, können durch keine Tatsache bestätigt oder widerlegt werden. [...]" (S. 728)|
-|**1904**|Max Weber: Die Objektivität sozialwissenschaftlicher und sozialpolitischer Erkenntnis, S. 192: Für Max Weber ist historische Erkenntnis nicht voraussetzungslose Abbildung ‚objektiver Tatsachen’, sondern Konstruktion von Zusammenhängen. Historische Tatsachen sind nicht Dinge aus der Vergangenheit, sondern ‚Gedankengebilde’.|+|**1904**|Weber, Max: Die Objektivität sozialwissenschaftlicher und sozialpolitischer Erkenntnis, S. 192: Für Max Weber ist historische Erkenntnis nicht voraussetzungslose Abbildung ‚objektiver Tatsachen’, sondern Konstruktion von Zusammenhängen. Historische Tatsachen sind nicht Dinge aus der Vergangenheit, sondern ‚Gedankengebilde’.|
 |**1913**|Husserl, Edmund: Ideen zu einer reinen Phänomenologie und phänomenologischen Philosophie. Erstes Buch: Allgemeine Einführung in die reine Phänomenologie. Text nach Husserliana III/1 und V. Hamburg, Meiner, 1992. (V.a. Kap. 1: Tatsache und Wesen. Hier v.a. S. 10-23). \\ "Die Psychologie ist eine Erfahrungswissenschaft. Darin liegt, bei der üblichen Bedeutung des Wortes Erfahrung, ein Doppeltes: 1. Sie ist eine Wissenschaft von Tatsachen, von matter of fact im Sinne D. Humes. [...] Demgegenüber wird die reine oder transzendentale Phänomenologie nicht als Tatsachenwissenschaft, sondern als Wesenswissenschaft (als "eidetische" Wissenschaft) begründet werden; als eine Wissenschaft, die ausschließlich "Wesenserkenntnisse" feststellen wird und durchaus keine "Tatsachen". Die zugehörige Reduktion, die vom psychologischen Phänomen zum reinen "Wesen", bzw. im urteilenden Denken von der tatsächlichen ("empirischen") Allgemeinheit zur "Wesens"allgemeinheit überführt, ist die eidetische Reduktion. [...]" (S. 6) \\ "§ 8. Abhängigkeitsverhältnisse zwischen Tatsachenwissenschaft und Wesenswissenschaft. \\ Nach dem Vorstehenden ist klar, daß der Sinn eidetischer Wissenschaft die Einbeziehung von Erkenntnisergebnissen empirischer Wissenschaften prinzipiell ausschließt. Die Wirklichkeitsthesen die in den unmittelbaren Feststellungen dieser Wissenschaften auftreten, gehen ja durch alle unmittelbar hindurch. Aus Tatsachen folgen immer nur Tatsachen. \\ Ist nun alle eidetische Wissenschaft prinzipiell von aller Tatsachenwissenschaft unabhängig, so gilt andererseits das Umgekehrte hinsichtlich der Tatsachenwissenschaft. Es gibt keine, die als Wissenschaft  voll entwickelt, rein sein könnte von eiditischen Erkenntnissen und somit unabhängig sein könnte von den, sei es formalen oder materialen eiditischen Wissenschaften. Denn fürs Erste ist es selbstverständlich, daß eine Erfahrungswissenschaft, wo immer sie mittelbare Begründungen von Urteilen vollzieht, den formalen Prinzipien gemäß verfahren muß, die die formale Logik behandelt. Überhaupt muß sie, da sie wie jede Wissenschaft auf Gegenstände gerichtet ist, an die Grenze gebunden sein die zum Wesen der Gegenständlichkeit überhaupt gehören. Damit tritt sie zu dem Komplex formal-ontologischer Disziplinen in Beziehung, die neben der formalen Logik im engeren Sinne die sonstigen Disziplinen der formalen "mathesis universalis" (also auch die Arithemetik, reine Analysis, Mannigfaltigkeitslehre) umspannt. Dazu kommt fürs Zweite, daß jede Tatsache einen materialien Wesensbestand einschließt und jede zu den darin beschlossenen reinen Wesen gehörige eidetische Wahrheit ein Gesetz abgeben muß, an das die gegebene faktische Einzelheit, wie jede mögliche überhaupt, gebunden ist." (S. 22-23.)| |**1913**|Husserl, Edmund: Ideen zu einer reinen Phänomenologie und phänomenologischen Philosophie. Erstes Buch: Allgemeine Einführung in die reine Phänomenologie. Text nach Husserliana III/1 und V. Hamburg, Meiner, 1992. (V.a. Kap. 1: Tatsache und Wesen. Hier v.a. S. 10-23). \\ "Die Psychologie ist eine Erfahrungswissenschaft. Darin liegt, bei der üblichen Bedeutung des Wortes Erfahrung, ein Doppeltes: 1. Sie ist eine Wissenschaft von Tatsachen, von matter of fact im Sinne D. Humes. [...] Demgegenüber wird die reine oder transzendentale Phänomenologie nicht als Tatsachenwissenschaft, sondern als Wesenswissenschaft (als "eidetische" Wissenschaft) begründet werden; als eine Wissenschaft, die ausschließlich "Wesenserkenntnisse" feststellen wird und durchaus keine "Tatsachen". Die zugehörige Reduktion, die vom psychologischen Phänomen zum reinen "Wesen", bzw. im urteilenden Denken von der tatsächlichen ("empirischen") Allgemeinheit zur "Wesens"allgemeinheit überführt, ist die eidetische Reduktion. [...]" (S. 6) \\ "§ 8. Abhängigkeitsverhältnisse zwischen Tatsachenwissenschaft und Wesenswissenschaft. \\ Nach dem Vorstehenden ist klar, daß der Sinn eidetischer Wissenschaft die Einbeziehung von Erkenntnisergebnissen empirischer Wissenschaften prinzipiell ausschließt. Die Wirklichkeitsthesen die in den unmittelbaren Feststellungen dieser Wissenschaften auftreten, gehen ja durch alle unmittelbar hindurch. Aus Tatsachen folgen immer nur Tatsachen. \\ Ist nun alle eidetische Wissenschaft prinzipiell von aller Tatsachenwissenschaft unabhängig, so gilt andererseits das Umgekehrte hinsichtlich der Tatsachenwissenschaft. Es gibt keine, die als Wissenschaft  voll entwickelt, rein sein könnte von eiditischen Erkenntnissen und somit unabhängig sein könnte von den, sei es formalen oder materialen eiditischen Wissenschaften. Denn fürs Erste ist es selbstverständlich, daß eine Erfahrungswissenschaft, wo immer sie mittelbare Begründungen von Urteilen vollzieht, den formalen Prinzipien gemäß verfahren muß, die die formale Logik behandelt. Überhaupt muß sie, da sie wie jede Wissenschaft auf Gegenstände gerichtet ist, an die Grenze gebunden sein die zum Wesen der Gegenständlichkeit überhaupt gehören. Damit tritt sie zu dem Komplex formal-ontologischer Disziplinen in Beziehung, die neben der formalen Logik im engeren Sinne die sonstigen Disziplinen der formalen "mathesis universalis" (also auch die Arithemetik, reine Analysis, Mannigfaltigkeitslehre) umspannt. Dazu kommt fürs Zweite, daß jede Tatsache einen materialien Wesensbestand einschließt und jede zu den darin beschlossenen reinen Wesen gehörige eidetische Wahrheit ein Gesetz abgeben muß, an das die gegebene faktische Einzelheit, wie jede mögliche überhaupt, gebunden ist." (S. 22-23.)|
 |**1922**|Wittgenstein, Ludwig: Tractatus logico-philosophicus. In: Ludwig Wittgenstein: Werkausgabe Bd. I. Frankfurt am Main, 1989. S. 7-85. \\ Wittgenstein bestimmt die Welt als die "Gesamtheit der Tatsachen" (1.1) bzw.: "1.13 Die Tatsachen im logischen Raum sind die Welt." oder: "1.2 Die Welt zerfällt in Tatsachen". Wenig später wird die Tatsache als "das Bestehen von Sachverhalten" (2) bestimmt; Sachverhalte ihrerseits sind "eine Verbindung von Gegenständen (Sachen, Dingen)" (2.01). Tatsachen sind aus dieser Sicht als Verhältnisse zu betrachten, in denen oder die zwischen Gegenständen bestehen. Da es eine wesentliche Eigenschaft von Sätzen ist, "daß sich seine Elemente, die Wörter, in ihm auf eine bestimmte Art und Weise zueinander verhalten" ist daher auch das "Satzzeichen" als "eine Tatsache" (3.14) zu betrachten.| |**1922**|Wittgenstein, Ludwig: Tractatus logico-philosophicus. In: Ludwig Wittgenstein: Werkausgabe Bd. I. Frankfurt am Main, 1989. S. 7-85. \\ Wittgenstein bestimmt die Welt als die "Gesamtheit der Tatsachen" (1.1) bzw.: "1.13 Die Tatsachen im logischen Raum sind die Welt." oder: "1.2 Die Welt zerfällt in Tatsachen". Wenig später wird die Tatsache als "das Bestehen von Sachverhalten" (2) bestimmt; Sachverhalte ihrerseits sind "eine Verbindung von Gegenständen (Sachen, Dingen)" (2.01). Tatsachen sind aus dieser Sicht als Verhältnisse zu betrachten, in denen oder die zwischen Gegenständen bestehen. Da es eine wesentliche Eigenschaft von Sätzen ist, "daß sich seine Elemente, die Wörter, in ihm auf eine bestimmte Art und Weise zueinander verhalten" ist daher auch das "Satzzeichen" als "eine Tatsache" (3.14) zu betrachten.|
-|**1929**|Malottki, Johannes von: Das Problem des Gegebenen. Berlin, 1929. [[redaktion:tatsache|Auszug]], [[http://www.gleichsatz.de/b-u-t/begin/malo4.html|Volltext online.]]|+|**1929**|Malottki, Johannes von: Das Problem des Gegebenen. Berlin, 1929: \\ "Von diesem Standpunkt aus läßt sich zunächst auch die Unklarheit beseitigen, die Rickert mit der Identität des Gegebenen und des Tatsächlichen hervorgerufen hatteGegebenes und Tatsächliches sind wohl insofern als zusammengehörig anzusehen, als beide Begriffe eine Bedeutung überhaupt nur im Bereich der Denkimmanenz haben. Aber innerhalb dieser Sphäre müssen sie nach der Ansicht des logischen Monismus durchaus getrennt werden. Beide Begriffe bezeichnen nämlich gleichsam den Anfangs- und Endpunkt des Denkprozesses, der Gegenstandsbestimmung. Im Begriff des Gegebenen wird die Aufgabe der Bestimmungsnotwendigkeit fixiert, im Begriff der Tatsache denken wir den abgeschlossenen Prozeß, das Ergebnis der Bestimmung. Nun ist der Prozeß der Bestimmung der Tatsache ein unendlicher, d. h. wir befinden uns immer nur im Stadium der Aufgabe, nicht im Bereich der Tatsachegegeben ist uns nicht die Tatsachesondern allein die Aufgabe. Das Gegebene ist das Aufgegebene. Sieht man dagegen im Gegebenen, d. h. in dem Aufgegebenen, noch immer zu Bestimmenden, die "fertige" Tatsache, dann identifiziert man Anfangs- und Endpunkt des Prozesses, also verschiedene Begriffe. Rickert brachte, so kann man hier argumentieren, die Tatsächlichkeit in die Gegebenheit hinein; er setzte das, was allein in unendlicher Annäherung der Bestimmung erfaßt werden kann, an den Anfang des Denkprozesses und machte gleichsam zur Vorstufe, was allein letztes Ziel ist. Deshalb kam er mit der "Form der Gegebenheit" nicht aus; er konnte damit die volle Tatsächlichkeit nicht erfassen. So schlich sich bei ihm zuletzt doch noch ein Irrationales, Bewußtseinsfremdes ein, während es sich im Grunde nur darum handelte, die gegebene, d. h. aufgegebene Tatsache im Fortgang der Denkgesetzlichkeit ins Unendliche zu 'konstatieren'." Vgl.[[http://www.gleichsatz.de/b-u-t/begin/malo4.html|Volltext online.]]|
 |**1935**|Fleck, Ludwik: Entstehung und Entwicklung einer wissenschaftlichen Tatsache: Einführung in die Lehre vom Denkstil und Denkkollektiv. Frankfurt am Main, 1980. (Siehe auch: Ders.: Erfahrung und Tatsache: Gesammelte Aufsätze. Frankfurt am Main, 1983.)| |**1935**|Fleck, Ludwik: Entstehung und Entwicklung einer wissenschaftlichen Tatsache: Einführung in die Lehre vom Denkstil und Denkkollektiv. Frankfurt am Main, 1980. (Siehe auch: Ders.: Erfahrung und Tatsache: Gesammelte Aufsätze. Frankfurt am Main, 1983.)|
-|**1945**|Popper, Karl: The open society and its enemies. Bd. II: The High Tide of Porophecy: Hegel, Marx and the Aftermath. London, 1945. (dt.: Die offene Gesellschaft und ihre Feinde II/ Studienausgabe: Falsche Propheten Hegel, Marx und die Folgen. Tübingen, 2003.) [[redaktion:tatsache|Auszug dtStudienausgabeS348.]]|+|**1945**|Popper, Karl: The open society and its enemies. Bd. II: The High Tide of Porophecy: Hegel, Marx and the Aftermath. London, 1945. (dt.: Die offene Gesellschaft und ihre Feinde II/ Studienausgabe: Falsche Propheten Hegel, Marx und die Folgen. Tübingen, 2003, S348\\ "Es besteht also eine entscheidende Asymmetrie zwischen Maßstäben und Tatsachen: Mit der Entscheidung, einen Vorschlag (zumindest probeweise) zu akzeptieren, schaffen wir den dazugehörigen Maßstab (zumindest probeweise); durch die Entscheidung, eine Aussage zu akzeptieren, schaffen wir hingegen //nicht// die dazugehörige Tatsache\\ Eine andere Asymmetrie liegt darin, daß Maßstäbe immer Tatsachen //betreffen// und daß Tatsachen von Maßstäben //bewertet werden//das sind Beziehungen, die nicht einfach umgehekrt werden können. \\ Jedesmal wenn wir mit einer Tatsache konfrontiert sind - und besonders mit einer Tatsache, die wir ändern können -, können wir fragen, ob sie mit gewissen Maßstäben vereinbar ist oder nicht. [...]"|
 |**1956**|Strauss, Leo: Naturrecht und Geschichte. Stuttgart, 1956. Darin v.a. Kap. II: "Naturrecht und die Unterscheidung zwischen Tatsachen und Werten." (Unter verändertem Titel: "Die Unterscheidung zwischen Tatsachen und Werten" erneut abgedruckt in: Hans Albert und Ernst Topitsch (Hg.): Werturteilsstreit. 2. erw. Aufl. Darmstadt. S. 73-91.)| |**1956**|Strauss, Leo: Naturrecht und Geschichte. Stuttgart, 1956. Darin v.a. Kap. II: "Naturrecht und die Unterscheidung zwischen Tatsachen und Werten." (Unter verändertem Titel: "Die Unterscheidung zwischen Tatsachen und Werten" erneut abgedruckt in: Hans Albert und Ernst Topitsch (Hg.): Werturteilsstreit. 2. erw. Aufl. Darmstadt. S. 73-91.)|
-|**1990**|Luhmann, Niklas: Die Wissenschaft der Gesellschaft. Frankfurt a.M., 1990. [[redaktion:tatsache|Auszug S. 288f.]]+|**1990**|Luhmann, Niklas: Die Wissenschaft der Gesellschaft. Frankfurt a.M., 1990S. 288f:\\ "[...] Diese Einsicht wird, wenngleich nur punktuell, registriert im Begriff der Tatsache (fact). Was für Ludwig Fleck zu den Zeiten des logischen Positivsmus noch eine Entdeckung war, wird heute allgemein akzeptiert. "Facts may be microtheories no longer controversial within the scientific community". In einer etwas elaborierten Begriffssprache könnte man daher auch sagen, daß Tatsachen die Außenwelt, gesehen von innen repräsentieren; daß sie die Ergebnisse der Irritationen des Systems fixieren, die auf Grund einer strukturellen Koppelung des Systems mit seiner Umwelt anfallen; oder auch: daß der Begriff Tatsache die strukturelle Kopplung des Wissenschaftssystems mit seiner Umwelt im System repräsentiert, so daß das System mit Hilfe dieses Begriffs für Zwecke interner Kommunikation davon ausgehen kann, daß es sich nach den Gegebenheiten seiner Umwelt richte, und dabei vergessen kann, daß dies nur dank der selbstreferentiellen Geschlossenheit des Netzwerkes der eigenen Operationen möglich ist. Und es kann dies vergessen, weil es ohnehin nicht zu ändern ist." 
-|**1996**|Patzig, Günther: Theoretische Philosophie. In Gesammelte Schriften Bd. 4. Göttingen, 1996. (Darin: Kap. 1: Satz und Tatsache; Kap. 2: Das Problem der Objektivität und der Tatsachenbegriff). [[redaktion:tatsache|Auszug S23f.]]+|**1996**|Patzig, Günther: Theoretische Philosophie. In Gesammelte Schriften Bd. 4. Göttingen, 1996. (Darin: Kap. 1: Satz und Tatsache; Kap. 2: Das Problem der Objektivität und der Tatsachenbegriff); S23f: \\ "[...] verschiedene Bilder von demselben Gegenstand haben //eo ipso// dasselbe Sujet. Hingegen stellen zwei verschiedene Sätze, die sich auf ein und dasselbe Ereignis beziehen, nicht dieselbe Tatsache dar. Zwei verschiedene Bilder können wenigstens der Möglichkeit nach genau dasselbe Sujet haben (etwa zwei Portraits verschiedener Künstler von einer Person), aber es ist ausgeschlossen, daß zwei wesentlich verschiedene Sätze //dieselbe Tatsache darstellen//. Hingegen können sich verschiedene Sätze z.B. //auf dasselbe Ereignis beziehen// oder einen Gegenstand beschreiben. Tatsächlich sind Ereignisse und Gegenstände, soweit sie von Sätzen dargestellt werden, viel eher als Analogie zum "Sujet" des Kunstwerkes aufzufassen als gerade die Tatsache. Die Tatsache ist nämlich an die //Art der Darstellung// so eng geknüpft, daß zwischen Vorgang und Ereignis einerseits und andererseits der Tatsache, die durch einen bestimmten Satz ausgedrückt wird, eine Dimension möglicher Verschiedenheit geöffnet bleibt, die bei den zum Vergleich herangezogenen Verhältnissen nicht besteht. "Tatsache" ist also nicht ein allgemeiner Ausdruck für Ereignisse, Vorgäng, Stimmungen, Bauformen usw. insofern diese von wahren Sätzen dargestellt werden. Jedenfalls nicht in dem Sinne wie "Ziel" ein allgemeiner Ausdruck für Bahnknotenpunkte, Flugzeuge, jagbare Tiere usw. ist, insofern jemand auf sie schießt oder schießen könnte, oder wie "Sujet" ein allgemeiner Ausdruck für Landschaften, Personen, Ereignisse und Szenen ist, insofern sie Gegenstand künstlerischer darstellung sind. der Begriff der "Tatsache" fällt deutlich aus dieser Gruppe heraus, weil Tatsachen von der Art der Darstellung im Satz abhängig sind. Eine Tatsache ist nicht ein Ereignis, //insofern// es in einem Satz dargestellt wird, sondern //so wie es// in diesem Satz dargestellt wird. [...]"
-|**2000**|Latour, Bruno: Kap. Überraschungsmomente des Handelns. Fakten, Fetische und Faitiches, in: Die Hoffnung der Pandora. Untersuchungen zur Wirklichkeit der Wissenschaft, Frankfurt a.M. 2000 S. 327-359. \\ Latour führt den Neologismus 'Faitiche', eine Verbindung von 'fait' (franz. Fakt, Tatsache) und 'fétiche' (Fetisch) ein, und definiert ihn folgendermaßen: "mit der Anklage des Fetischismus wird unterstellt, dass Glaubensvorstellungen und Wünsche von Gläubigen auf ein bedeutungsloses Objekt projiziert werden. Faitiches sind dagegen Handlungstypen, die sich nicht in die erzwungene Alternative zwischen Fakt und Glauben hineinpressen lassen. Der Neologismus Faitiche stellt klar, dass beiden ein Element der Fabrikation ist." S. 374|+|**2000**|Latour, Bruno: Kap. Überraschungsmomente des Handelns. Fakten, Fetische und Faitiches, in: Die Hoffnung der Pandora. Untersuchungen zur Wirklichkeit der Wissenschaft, Frankfurt a.M. 2000 S. 327-359. \\ Latour führt den Neologismus 'Faitiche', eine Verbindung von 'fait' (franz. Fakt, Tatsache) und 'fétiche' (Fetisch) ein, und definiert ihn folgendermaßen: "mit der Anklage des Fetischismus wird unterstellt, dass Glaubensvorstellungen und Wünsche von Gläubigen auf ein bedeutungsloses Objekt projiziert werden. Faitiches sind dagegen Handlungstypen, die sich nicht in die erzwungene Alternative zwischen Fakt und Glauben hineinpressen lassen. Der Neologismus Faitiche stellt klar, dass beiden ein Element der Fabrikation ist." S. 374.|
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   * Schauplätze des Wissens. Konstitutionsbedingungen 'wissenschaftlicher' Tatsachen in der Frühen Neuzeit. Workshop vom 24. Oktober 2007. [[http://www.sfb-frueheneuzeit.uni-muenchen.de/archiv/2007/b1okt07.html|Tagungsprogramm]]   * Schauplätze des Wissens. Konstitutionsbedingungen 'wissenschaftlicher' Tatsachen in der Frühen Neuzeit. Workshop vom 24. Oktober 2007. [[http://www.sfb-frueheneuzeit.uni-muenchen.de/archiv/2007/b1okt07.html|Tagungsprogramm]]
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 +  * Speich, Daniel: Mountains Made in Switzerland: Facts and Concerns in Nineteenth-Century Cartography. In: Science in Context, 22/3 (2009), S. 387-408.
  
   * Weisse, Frieder: Kognitive Patternanalyse. Der Tatsachenbegriff der Kognitiven Anthropologie, Untersuchung seiner wissenschaftsgeschichtlichen Grundlagen und Entwurf eines Modells der kognitiven Patternanalyse. Berlin, 1984.    * Weisse, Frieder: Kognitive Patternanalyse. Der Tatsachenbegriff der Kognitiven Anthropologie, Untersuchung seiner wissenschaftsgeschichtlichen Grundlagen und Entwurf eines Modells der kognitiven Patternanalyse. Berlin, 1984. 
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