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begriffe:zelle

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 |**1859**|Virchow, Rudolf: Atome und Individuen. Vortrag, gehalten im wissenschaftlichen Verein der Singakademie zu Berlin am 12. Februar 1859, in: ders., Vier Reden über Leben und Kranksein, Berlin 1862, S. 37-76. \\ Virchow habe mit seiner Zelltheorie das Ziel verfolgt, die "organische Metaphorik der konservativen Semantik des 'Staatsorganismus' zu entziehen und in einen liberalistischen Rahmen zu überführen."((Johach, Eva: Krebszelle und Zellenstaat, S. 121. Johach bezieht sich hier auf Roberto Esposito: Immunitas. Schutz und Negation des Lebens, Berlin 2004, S. 183.))| |**1859**|Virchow, Rudolf: Atome und Individuen. Vortrag, gehalten im wissenschaftlichen Verein der Singakademie zu Berlin am 12. Februar 1859, in: ders., Vier Reden über Leben und Kranksein, Berlin 1862, S. 37-76. \\ Virchow habe mit seiner Zelltheorie das Ziel verfolgt, die "organische Metaphorik der konservativen Semantik des 'Staatsorganismus' zu entziehen und in einen liberalistischen Rahmen zu überführen."((Johach, Eva: Krebszelle und Zellenstaat, S. 121. Johach bezieht sich hier auf Roberto Esposito: Immunitas. Schutz und Negation des Lebens, Berlin 2004, S. 183.))|
 |**1866**| [[http://www.zeno.org/Philosophie/M/Lange,+Friedrich+Albert/Geschichte+des+Materialismus/Zweites+Buch.+Geschichte+des+Materialismus+seit+Kant/Zweiter+Abschnitt.+Die+Naturwissenschaften/IV.+Darwinismus+und+Teleologie|Lange, Friedrich Albert: Geschichte des Materialismus und Kritik seiner Bedeutung in der Gegenwart, S. 615]]: \\ „Nicht minder unkritisch wird Liebig, wenn er die kategorische Behauptung ausspricht: »Nie wird es der Chemie gelingen, eine Zelle, eine Muskelfaser, einen Nerv, mit einem Worte, einen der wirklich organischen, mit vitalen Eigenschaften begabten Teile des Organismus oder gar diesen selbst in ihrem Laboratorium darzustellen.« Warum nicht? Weil die Materialisten die organischen Stoffe mit den organischen Teilen verwechselt haben? Das kann doch kein Grund für jene Behauptung sein. Man kann die Verwechslung korrigieren, so bleibt die Frage nach der chemischen Darstellbarkeit der Zelle doch noch immer eine offene und dabei eine nicht ganz müßige. Eine Zeitlang glaubte man, daß die Stoffe der organischen Chemie nur im Organismus entstehen könnten. [...] \\ /696/ Vogt hebt, theoretisch reiner, den metaphysischen Begriff der Einheit hervor; Virchow hält sich an den physiologischen, an die Gemeinsamkeit des Lebenszweckes, und dieser Begriff zeigt uns die Relativität des Gegensatzes von Einheit und Vielheit ganz anschaulich. Im Pflanzenreich kann ich nicht nur die Zelle und die ganze Pflanze als Einheit betrachten, sondern auch den Ast, den Sproß, das Blatt, die Knospe. Es mag sich aus praktischen Gründen empfehlen, den einzelnen Trieb, welcher als Ableger ein selbständiges Dasein führen kann, als Individuum zu betrachten; dann ist die einzelne Zelle nur ein Teil desselben und die Pflanze ist eine Kolonie. Der Unterschied ist doch ein relativer. Kann die einzelne Zelle einer höheren Pflanze kein selbständiges Dasein führen, ohne in der Umgebung der andern Zellen zu bleiben, so kann es auch der Ableger nicht, ohne entweder in der Pflanze oder im Boden zu wurzeln. Alles Leben ist nur im Zusammenhange mit naturgemäßer Umgebung möglich, und die Idee eines selbständigen Lebens ist bei dem ganzen Eichbaum so gut eine Abstraktion, wie bei dem kleinsten Fragment eines losgerissenen Blättchens. Unsre neueren Aristoteliker legen Wert darauf, daß der organische Teil nur im Organismus entstehen und nur in diesem leben könne. Es ist aber mit der mystischen Herrschaft des Ganzen über den Teil nicht viel anzufangen. Die ausgerissene Pflanzenzelle führt ihr Zellenleben in der Tat weiter, wie das ausgerissene Herz des Frosches noch zuckt. Wenn der Zelle kein Saft mehr zugeführt wird, so stirbt sie, wie in demselben Falle auch der ganze Baum stirbt; die kürzere oder längere Zeitdauer ist in den Verhältnissen begründet, nicht im Wesen des Dinges. Eher wäre Wert darauf zu legen, daß sich die Pflanzen nicht äußerlich aus Zellen zusammenscharen, daß sich die einzelnen Zellen nicht direkt aus dem Nahrungsstoff bilden und so dem Ganzen zutreten, sondern daß sie stets in andern Zellen durch Teilung derselben entstehen. In der Tat findet für die organische Welt der aristotelische Satz, daß das Ganze vor dem Teil sei, soweit wir sehen können, meistens Anwendung; allein der Umstand, daß die Natur in der Regel so verfährt, berechtigt uns durchaus nicht, jenem Satz eine strenge Allgemeinheit zuzuschreiben.“| |**1866**| [[http://www.zeno.org/Philosophie/M/Lange,+Friedrich+Albert/Geschichte+des+Materialismus/Zweites+Buch.+Geschichte+des+Materialismus+seit+Kant/Zweiter+Abschnitt.+Die+Naturwissenschaften/IV.+Darwinismus+und+Teleologie|Lange, Friedrich Albert: Geschichte des Materialismus und Kritik seiner Bedeutung in der Gegenwart, S. 615]]: \\ „Nicht minder unkritisch wird Liebig, wenn er die kategorische Behauptung ausspricht: »Nie wird es der Chemie gelingen, eine Zelle, eine Muskelfaser, einen Nerv, mit einem Worte, einen der wirklich organischen, mit vitalen Eigenschaften begabten Teile des Organismus oder gar diesen selbst in ihrem Laboratorium darzustellen.« Warum nicht? Weil die Materialisten die organischen Stoffe mit den organischen Teilen verwechselt haben? Das kann doch kein Grund für jene Behauptung sein. Man kann die Verwechslung korrigieren, so bleibt die Frage nach der chemischen Darstellbarkeit der Zelle doch noch immer eine offene und dabei eine nicht ganz müßige. Eine Zeitlang glaubte man, daß die Stoffe der organischen Chemie nur im Organismus entstehen könnten. [...] \\ /696/ Vogt hebt, theoretisch reiner, den metaphysischen Begriff der Einheit hervor; Virchow hält sich an den physiologischen, an die Gemeinsamkeit des Lebenszweckes, und dieser Begriff zeigt uns die Relativität des Gegensatzes von Einheit und Vielheit ganz anschaulich. Im Pflanzenreich kann ich nicht nur die Zelle und die ganze Pflanze als Einheit betrachten, sondern auch den Ast, den Sproß, das Blatt, die Knospe. Es mag sich aus praktischen Gründen empfehlen, den einzelnen Trieb, welcher als Ableger ein selbständiges Dasein führen kann, als Individuum zu betrachten; dann ist die einzelne Zelle nur ein Teil desselben und die Pflanze ist eine Kolonie. Der Unterschied ist doch ein relativer. Kann die einzelne Zelle einer höheren Pflanze kein selbständiges Dasein führen, ohne in der Umgebung der andern Zellen zu bleiben, so kann es auch der Ableger nicht, ohne entweder in der Pflanze oder im Boden zu wurzeln. Alles Leben ist nur im Zusammenhange mit naturgemäßer Umgebung möglich, und die Idee eines selbständigen Lebens ist bei dem ganzen Eichbaum so gut eine Abstraktion, wie bei dem kleinsten Fragment eines losgerissenen Blättchens. Unsre neueren Aristoteliker legen Wert darauf, daß der organische Teil nur im Organismus entstehen und nur in diesem leben könne. Es ist aber mit der mystischen Herrschaft des Ganzen über den Teil nicht viel anzufangen. Die ausgerissene Pflanzenzelle führt ihr Zellenleben in der Tat weiter, wie das ausgerissene Herz des Frosches noch zuckt. Wenn der Zelle kein Saft mehr zugeführt wird, so stirbt sie, wie in demselben Falle auch der ganze Baum stirbt; die kürzere oder längere Zeitdauer ist in den Verhältnissen begründet, nicht im Wesen des Dinges. Eher wäre Wert darauf zu legen, daß sich die Pflanzen nicht äußerlich aus Zellen zusammenscharen, daß sich die einzelnen Zellen nicht direkt aus dem Nahrungsstoff bilden und so dem Ganzen zutreten, sondern daß sie stets in andern Zellen durch Teilung derselben entstehen. In der Tat findet für die organische Welt der aristotelische Satz, daß das Ganze vor dem Teil sei, soweit wir sehen können, meistens Anwendung; allein der Umstand, daß die Natur in der Regel so verfährt, berechtigt uns durchaus nicht, jenem Satz eine strenge Allgemeinheit zuzuschreiben.“|
-|**1867**|Marx, Karl: Das Kapital, Vorwort zur ersten Auflage, 1867, in: Marx-Engels-Werke, Bd. 23, S. 12: \\ „Die [[Wert]]form, deren fertige Gestalt die Geldform, ist sehr inhaltslos und einfach. Dennoch hat der Menschengeist sie seit mehr als 2000 Jahren vergeblich zu ergründen gesucht, während andrerseits die Analyse viel inhaltsvollerer und komplizierterer Formen wenigstens annähernd gelang. Warum? Weil der ausgebildete Körper leichter zu studieren ist als die Körperzelle. Bei der [[Analyse]] der ökonomischen Formen kann außerdem weder das Mikroskop dienen noch chemische Reagentien. Die [[Abstraktion]]skraft muss beide ersetzen. Für die bürgerliche Gesellschaft ist aber die Warenform des Arbeitsprodukts oder die Wertform der Ware die ökonomische Zellenform. Dem Ungebildeten scheint sich ihre Analyse in bloßen Spitzfindigkeiten herumzutreiben. Es handelt sich dabei in der Tat um Spitzfindigkeiten, aber nur so, wie es sich in der mikrologischen [[Anatomie]] darum handelt.“ \\ „Der Reichtum der Gesellschaften, in welchen kapitalistische Produktionsweise herrscht, erscheint als ,ungeheure Warensammlung', die einzelne Ware als seine Elementarform. Unsere Untersuchung beginnt daher mit der Ware.“ (a.a.O., S. 49.)|+|**1867**|Marx, Karl: Das Kapital, Vorwort zur ersten Auflage, 1867, in: Marx-Engels-Werke, Bd. 23, S. 12: \\ „Die [[Wert]]form, deren fertige Gestalt die Geldform, ist sehr inhaltslos und einfach. Dennoch hat der Menschengeist sie seit mehr als 2000 Jahren vergeblich zu ergründen gesucht, während andrerseits die Analyse viel inhaltsvollerer und komplizierterer Formen wenigstens annähernd gelang. Warum? Weil der ausgebildete Körper leichter zu studieren ist als die Körperzelle. Bei der [[Analyse]] der ökonomischen Formen kann außerdem weder das Mikroskop dienen noch chemische Reagentien. Die [[begriffe:abstraktion]]skraft muss beide ersetzen. Für die bürgerliche Gesellschaft ist aber die Warenform des Arbeitsprodukts oder die Wertform der Ware die ökonomische Zellenform. Dem Ungebildeten scheint sich ihre Analyse in bloßen Spitzfindigkeiten herumzutreiben. Es handelt sich dabei in der Tat um Spitzfindigkeiten, aber nur so, wie es sich in der mikrologischen [[Anatomie]] darum handelt.“ \\ „Der Reichtum der Gesellschaften, in welchen kapitalistische Produktionsweise herrscht, erscheint als ,ungeheure Warensammlung', die einzelne Ware als seine Elementarform. Unsere Untersuchung beginnt daher mit der Ware.“ (a.a.O., S. 49.)|
 |**1869**|Hartmann, Eduard von: Philosophie des Unbewussten, 2. Bde.; Bd. 1, S. 372: \\ „In der Faser ist also unter normalen Umständen der Kraftverbrauch, in der Zelle die Kraftproduction überwiegend. Tritt nun aber in der Zelle der Zustand reizbarer Schwäche ein, so wird nicht nur bei jedem Functioniren weit mehr Kraft verbraucht, sondern auch in Folge des häufigeren Functionirens die Gesammtdauer der Functionsruhe vermindert, wo nicht gar (wie bei den manchmal wochenlang des Schlafs entbehrenden Maniakalischen) annähernd auf Null reducirt, und dies noch dazu in einem Zustande, in welchem wahrscheinlich ohnehin die Fähigkeit zur chemischen Recomposition vermindert ist. [...] \\ /404/ Reflexion beruht also in der That auf der Reflexthätigkeit der Cerebralganglienzellen in ihren Beziehungen zu einander; sie ist eine Reaktion einer Zelle auf einen von einer benachbarten Zelle ausgehenden Reiz, und die Uebertragung seiner Energie auf eine andere Zelle – seine Reflexion. [...] \\ /Bd. 2., S. 143f./ Aber auch schon vor diesen neuesten überraschenden Aufschlüssen über die Träger der Ernährung und Athmung haben denkende Naturforscher bei der Betrachtung der Zelle, als der elementaren Grundform aller organischen Construction, sich zur Anerkennung lebendiger Individualität innerhalb des äusserlich abgegrenzten Organismus gedrungen gefühlt. »Alles Leben ist an die Zelle gebunden und die Zelle ist nicht bloss das Gefäss des Lebens, sondern sie ist selbst der lebende Theil« (Virchow, Vier Reden, S. 54). »Was ist der Organismus? Eine Gesellschaft lebender Zellen, ein kleiner Staat, wohl eingerichtet mit allem Zubehör von Ober- und Unterbeamten, von Dienern und Herren, grossen und kleinen« (S. 55). »Das Leben ist die Thätigkeit der Zelle, seine Besonderheit ist die Besonderheit der Zelle« (S. 10). »Eigenthümlich erscheint uns die Art der Thätigkeit, die besondere Verrichtung des organischen Stoffes, aber doch geschieht sie nicht anders, als die Thätigkeit und Verrichtung, welche die Physik in der unbelebten Natur kennt. Die ganze Eigenthümlichkeit beschränkt sich darauf, dass in den kleinsten Baum die grösste Mannigfaltigkeit der Stoffcombinationen zusammengedrängt wird, dass jede Zelle in sich einen Heerd der allerinnigsten Bewirkungen, der allermannigfaltigsten Stoffcombinationen durch einander darstellt, und dass daher Erfolge erzielt werden, welche sonst nirgend wieder in der Natur vorkommen, da nirgend sonst eine ähnliche Innigkeit der Bewirkungen bekannt ist« (S. 11). »Will man sich nicht entschliessen, zwischen Sammelindividuen und Einzelindividuen zu unterscheiden, so muss der Begriff des Individuums in den organischen Zweigen der Naturwissenschaft entweder aufgegeben, oder streng an die Zelle gebunden werden. Zu dem ersteren Resultate müssen in folgerichtigem Schlüsse sowohl die systematischen Materialisten, als die Spiritualisten kommen; zu dem letzteren scheint mir die unbefangene realistische Anschauung der Natur zu führen, insofern nur auf diese Weise der einheitliche Begriff des Lebens durch das ganze Gebiet pflanzlicher und thierischer Organismen gesichert bleibt« (S. 73-74). Dies ist das letzte Resultat Virchow's; man sieht, dass er an die Wahrheit rührt, ohne den Muth zu haben, sie kräftig zu ergreifen. Was uns hier angeht, ist seine wohlbegründete Auffassung der Zelle, welche er nach Schleiden's und Schwann's Vorgange weiter ausgebildet und damit die thierische Physiologie und Pathologie so zu sagen auf eine neue Stufe erhoben hat; vgl. Virchow, Cellularpathologie, bes. Cap. 1 und 14. – Dass die Organismen überhaupt aus Zellen bestehen, und zwar aus so vielen mikroskopisch kleinen, dafür ist der teleologische Grund der, dass die Ernährung nur durch Endosmose bewirkt werden kann, die Endosmose nur durch sehr dünne, feste Wände möglich ist also wenn bei diesen dünnen Wänden doch noch die nöthige Festigkeit erreicht werden soll, das Ganze ein Complex sehr kleiner Zellen sein muss. Wie gross die Anzahl der Zellen ist, beweise folgendes Citat: »Zu Zürich bei dem Tiefenhof steht eine alte Linde; jedes Jahr, wenn sie ihren Blätterschmuck entfaltet, bildet sie nach der Schätzung von Nägeli etwa zehn Billionen neuer lebender Zellen. Im Blute eines erwachsenen Mannes kreisen nach den Rechnungen von Vierordt und Welcker in jedem Augenblicke sechzig Billionen (man denke: 60,000,000,000,000) kleinster Zellkörper« (Virchow, S. 55). [...] \\ /S. 215/ Wenn so die Grenze zwischen unorganischer und organischer Materie längst gefallen ist, so beginnt auch die von anorganischer und organischer Form mehr und mehr zu wanken. Freilich zeigen die zusammengesetzten organischen Typen Formen, zu denen sich (mit Ausnahme des radiären Typus) in der anorganischen Natur keine Analogie findet; aber man darf nicht vergessen, dass das Leben auch schon in dem grossen Reiche der einzelligen Organismen wohnt, und die Zelle findet in der That ihr Analogen in der anorganischen Natur.“| |**1869**|Hartmann, Eduard von: Philosophie des Unbewussten, 2. Bde.; Bd. 1, S. 372: \\ „In der Faser ist also unter normalen Umständen der Kraftverbrauch, in der Zelle die Kraftproduction überwiegend. Tritt nun aber in der Zelle der Zustand reizbarer Schwäche ein, so wird nicht nur bei jedem Functioniren weit mehr Kraft verbraucht, sondern auch in Folge des häufigeren Functionirens die Gesammtdauer der Functionsruhe vermindert, wo nicht gar (wie bei den manchmal wochenlang des Schlafs entbehrenden Maniakalischen) annähernd auf Null reducirt, und dies noch dazu in einem Zustande, in welchem wahrscheinlich ohnehin die Fähigkeit zur chemischen Recomposition vermindert ist. [...] \\ /404/ Reflexion beruht also in der That auf der Reflexthätigkeit der Cerebralganglienzellen in ihren Beziehungen zu einander; sie ist eine Reaktion einer Zelle auf einen von einer benachbarten Zelle ausgehenden Reiz, und die Uebertragung seiner Energie auf eine andere Zelle – seine Reflexion. [...] \\ /Bd. 2., S. 143f./ Aber auch schon vor diesen neuesten überraschenden Aufschlüssen über die Träger der Ernährung und Athmung haben denkende Naturforscher bei der Betrachtung der Zelle, als der elementaren Grundform aller organischen Construction, sich zur Anerkennung lebendiger Individualität innerhalb des äusserlich abgegrenzten Organismus gedrungen gefühlt. »Alles Leben ist an die Zelle gebunden und die Zelle ist nicht bloss das Gefäss des Lebens, sondern sie ist selbst der lebende Theil« (Virchow, Vier Reden, S. 54). »Was ist der Organismus? Eine Gesellschaft lebender Zellen, ein kleiner Staat, wohl eingerichtet mit allem Zubehör von Ober- und Unterbeamten, von Dienern und Herren, grossen und kleinen« (S. 55). »Das Leben ist die Thätigkeit der Zelle, seine Besonderheit ist die Besonderheit der Zelle« (S. 10). »Eigenthümlich erscheint uns die Art der Thätigkeit, die besondere Verrichtung des organischen Stoffes, aber doch geschieht sie nicht anders, als die Thätigkeit und Verrichtung, welche die Physik in der unbelebten Natur kennt. Die ganze Eigenthümlichkeit beschränkt sich darauf, dass in den kleinsten Baum die grösste Mannigfaltigkeit der Stoffcombinationen zusammengedrängt wird, dass jede Zelle in sich einen Heerd der allerinnigsten Bewirkungen, der allermannigfaltigsten Stoffcombinationen durch einander darstellt, und dass daher Erfolge erzielt werden, welche sonst nirgend wieder in der Natur vorkommen, da nirgend sonst eine ähnliche Innigkeit der Bewirkungen bekannt ist« (S. 11). »Will man sich nicht entschliessen, zwischen Sammelindividuen und Einzelindividuen zu unterscheiden, so muss der Begriff des Individuums in den organischen Zweigen der Naturwissenschaft entweder aufgegeben, oder streng an die Zelle gebunden werden. Zu dem ersteren Resultate müssen in folgerichtigem Schlüsse sowohl die systematischen Materialisten, als die Spiritualisten kommen; zu dem letzteren scheint mir die unbefangene realistische Anschauung der Natur zu führen, insofern nur auf diese Weise der einheitliche Begriff des Lebens durch das ganze Gebiet pflanzlicher und thierischer Organismen gesichert bleibt« (S. 73-74). Dies ist das letzte Resultat Virchow's; man sieht, dass er an die Wahrheit rührt, ohne den Muth zu haben, sie kräftig zu ergreifen. Was uns hier angeht, ist seine wohlbegründete Auffassung der Zelle, welche er nach Schleiden's und Schwann's Vorgange weiter ausgebildet und damit die thierische Physiologie und Pathologie so zu sagen auf eine neue Stufe erhoben hat; vgl. Virchow, Cellularpathologie, bes. Cap. 1 und 14. – Dass die Organismen überhaupt aus Zellen bestehen, und zwar aus so vielen mikroskopisch kleinen, dafür ist der teleologische Grund der, dass die Ernährung nur durch Endosmose bewirkt werden kann, die Endosmose nur durch sehr dünne, feste Wände möglich ist also wenn bei diesen dünnen Wänden doch noch die nöthige Festigkeit erreicht werden soll, das Ganze ein Complex sehr kleiner Zellen sein muss. Wie gross die Anzahl der Zellen ist, beweise folgendes Citat: »Zu Zürich bei dem Tiefenhof steht eine alte Linde; jedes Jahr, wenn sie ihren Blätterschmuck entfaltet, bildet sie nach der Schätzung von Nägeli etwa zehn Billionen neuer lebender Zellen. Im Blute eines erwachsenen Mannes kreisen nach den Rechnungen von Vierordt und Welcker in jedem Augenblicke sechzig Billionen (man denke: 60,000,000,000,000) kleinster Zellkörper« (Virchow, S. 55). [...] \\ /S. 215/ Wenn so die Grenze zwischen unorganischer und organischer Materie längst gefallen ist, so beginnt auch die von anorganischer und organischer Form mehr und mehr zu wanken. Freilich zeigen die zusammengesetzten organischen Typen Formen, zu denen sich (mit Ausnahme des radiären Typus) in der anorganischen Natur keine Analogie findet; aber man darf nicht vergessen, dass das Leben auch schon in dem grossen Reiche der einzelligen Organismen wohnt, und die Zelle findet in der That ihr Analogen in der anorganischen Natur.“|
 |**1878**|Haeckel, Ernst: Zellseelen und Seelenzellen. Vortrag gehalten am 22. März 1878 in der 'Concordia' zu Wien, 2. Aufl., Leipzig 1923: \\ "Die Zellen verhalten sich dabei ganz ebenso, wie die wohlerzogenen Staatsbürger eines gut eingerichteten Kulturstaates. In der Tat ist unser Leib, wie der Leib aller höheren Tiere, ein solcher zivilisierter Zellenstaat. Die sogenannten 'Gewebe' des Körpers, Muskelgewebe, Bindegewebe usw. entsprechen den verschiedenen Ständen oder Korporationen des Staates, oder noch genauer den erblichen Kasten, wie wir sie im alten Ägypten und noch heute in Indien antreffen. Die Gewebe sind die erblichen Zellenkasten im Kulturstaate des vielzelligen Organismus. Die Organe aber, die sich wieder aus verschiedenen Geweben zusammensetzen, sind der verschiedenen Ämtern und Instituten zu vergleichen. An der Spitze aller steht die mächtige Zentralregierung, das Nervenzentrum, das Gehirn. Je vollkommener das höhere Tier entwickelt, je stärker die Zellenmonarchie zentralisiert ist, desto mächtiger ist das beherrschende Gehirn, und desto großartiger ist der elektrische Telegraphenapparat des Nervensystems zusammengesetzt, welcher das Gehirn mit seinen wichtigsten Regierungsbehörden, den Muskeln und Sinnesorganen, in Verbindung setzt." S. 49.| |**1878**|Haeckel, Ernst: Zellseelen und Seelenzellen. Vortrag gehalten am 22. März 1878 in der 'Concordia' zu Wien, 2. Aufl., Leipzig 1923: \\ "Die Zellen verhalten sich dabei ganz ebenso, wie die wohlerzogenen Staatsbürger eines gut eingerichteten Kulturstaates. In der Tat ist unser Leib, wie der Leib aller höheren Tiere, ein solcher zivilisierter Zellenstaat. Die sogenannten 'Gewebe' des Körpers, Muskelgewebe, Bindegewebe usw. entsprechen den verschiedenen Ständen oder Korporationen des Staates, oder noch genauer den erblichen Kasten, wie wir sie im alten Ägypten und noch heute in Indien antreffen. Die Gewebe sind die erblichen Zellenkasten im Kulturstaate des vielzelligen Organismus. Die Organe aber, die sich wieder aus verschiedenen Geweben zusammensetzen, sind der verschiedenen Ämtern und Instituten zu vergleichen. An der Spitze aller steht die mächtige Zentralregierung, das Nervenzentrum, das Gehirn. Je vollkommener das höhere Tier entwickelt, je stärker die Zellenmonarchie zentralisiert ist, desto mächtiger ist das beherrschende Gehirn, und desto großartiger ist der elektrische Telegraphenapparat des Nervensystems zusammengesetzt, welcher das Gehirn mit seinen wichtigsten Regierungsbehörden, den Muskeln und Sinnesorganen, in Verbindung setzt." S. 49.|
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   * Bechtel, William: The cell: locus or object of inquiry? In: Studies in History and Philosophy of Science Part C, 41/3 (2010), S. 172-182.   * Bechtel, William: The cell: locus or object of inquiry? In: Studies in History and Philosophy of Science Part C, 41/3 (2010), S. 172-182.
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 +  * Bruhn, Matthias: Life lines: An art history of biological research around 1800. In: Studies in History and Philosophy of Science Part C, 42/4 (2011), S. 368-380.
  
   * Canguilhem, Georges: Cell Theory (1979), in: ders., The Vital Rationalist, New York 2000, S. 161-178. (dt.: Die Zelltheorie, in: ders., Die Erkenntnis des Lebens. Aus dem Französischen von Till Bardoux, Maria Muhle und Francesca Raimondi, Berlin 2009, S. 75-145. [darin: Anhang: I. Anmerkung zum Übergang von der Faser- zur Zelltheorie, S. 337-340; II. Anmerkung über die Zusammenhänge zwischen der Zelltheorie und der Philosophie Leibniz, 341-344]).   * Canguilhem, Georges: Cell Theory (1979), in: ders., The Vital Rationalist, New York 2000, S. 161-178. (dt.: Die Zelltheorie, in: ders., Die Erkenntnis des Lebens. Aus dem Französischen von Till Bardoux, Maria Muhle und Francesca Raimondi, Berlin 2009, S. 75-145. [darin: Anhang: I. Anmerkung zum Übergang von der Faser- zur Zelltheorie, S. 337-340; II. Anmerkung über die Zusammenhänge zwischen der Zelltheorie und der Philosophie Leibniz, 341-344]).
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   * Cremer, Thomas: Von der Zellenlehre zur Chromosomentheorie. Naturwissenschaftliche ERkenntnis und Theoriewechsel in der frühen Zell- und Vererbungsforschung, Berlin und New York, 1985.   * Cremer, Thomas: Von der Zellenlehre zur Chromosomentheorie. Naturwissenschaftliche ERkenntnis und Theoriewechsel in der frühen Zell- und Vererbungsforschung, Berlin und New York, 1985.
     * Rezension: Ohad Parnes, Archives Internationales d’Histoire des Sciences 50, 2000, S. 429-431.     * Rezension: Ohad Parnes, Archives Internationales d’Histoire des Sciences 50, 2000, S. 429-431.
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 +  * Dröscher, Adriane: Cellular dimensions and cell dynamics, or the difficulty over capturing time and space in the era of electron microscopy. In: Studies in History and Philosophy of Science Part C, 42/4 (2011), S. 395-402.
  
   * Duchesneau, Francois: Genèse de la théorie cellulaire, Paris 1987.    * Duchesneau, Francois: Genèse de la théorie cellulaire, Paris 1987. 
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   * Jahn, Ilse: Einführung und Erläuterung zur Geschichte der Zellenlehre und der Zellentheorie, in: dies. (Hg.), Klassische Schriften zur Zellenlehre, 2003, S. 6-44.   * Jahn, Ilse: Einführung und Erläuterung zur Geschichte der Zellenlehre und der Zellentheorie, in: dies. (Hg.), Klassische Schriften zur Zellenlehre, 2003, S. 6-44.
  
-  * Johach, Eva: Krebszelle und Zellenstaat. Zur medizinischen und politischen Metaphorik in Rudolf Virchows Zellularpathologie (= Berliner Kulturwissenschaft, 1), Freiburg u.a., 2008.+  * Johach, Eva: Krebszelle und Zellenstaat. Zur medizinischen und politischen Metaphorik in Rudolf Virchows Zellularpathologie (= Berliner Kulturwissenschaft, 1), Freiburg u.a., 2008. (Rezension: Philipp Sarasin, Berichte zur Wissenschaftsgeschichte, 33/3 (2010), S. 332-333.) 
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 +  * Landecker, Hannah: Creeping, Drinking, Dying: The Cinematic Portal and the Microscopic World of the Twentieth-Century Cell. In: Science in Context, 24/3 (2011), S. 381-416
  
   * Maulitz, Russel: Schwann's Way: Cells und Crystals, in: Jornal of the History of Medicine 26, 1971, S. 422-437.   * Maulitz, Russel: Schwann's Way: Cells und Crystals, in: Jornal of the History of Medicine 26, 1971, S. 422-437.
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   * Müller-Strahl, Gerhard: Der biologische Zellenbegriff. Verwendung und Bedeutung in Theorien organischer Materie, in: ABG 46, 2004, S. 109-136.   * Müller-Strahl, Gerhard: Der biologische Zellenbegriff. Verwendung und Bedeutung in Theorien organischer Materie, in: ABG 46, 2004, S. 109-136.
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 +  * Müller-Wille, Staffan: Cell theory, specificity, and reproduction, 1837–1870. In: Studies in History and Philosophy of Science Part C, 41/3 (2010), S. 225-231.
      
   * Nicholson, Daniel J.: Biological atomism and cell theory. In: Studies in History and Philosophy of Science Part C, 41/3 (2010), S. 202-211.   * Nicholson, Daniel J.: Biological atomism and cell theory. In: Studies in History and Philosophy of Science Part C, 41/3 (2010), S. 202-211.
      
   * O’Malley, Maureen A.; Müller-Wille, Staffan: The cell as nexus: connections between the history, philosophy and science of cell biology. In: Studies in History and Philosophy of Science Part C, 41/3 (2010), S. 169–171.     * O’Malley, Maureen A.; Müller-Wille, Staffan: The cell as nexus: connections between the history, philosophy and science of cell biology. In: Studies in History and Philosophy of Science Part C, 41/3 (2010), S. 169–171.  
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 +  * O’Malley, Maureen A.: The first eukaryote cell: an unfinished history of contestation. In: Studies in History and Philosophy of Science Part C, 41/3 (2010), S. 212-224.
  
   * Parnes, Ohad: The Envisioning of Cells. In: Science in Context 13/1, 2000, S. 71-92.   * Parnes, Ohad: The Envisioning of Cells. In: Science in Context 13/1, 2000, S. 71-92.
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   * Schmiedebach, H.-P.: "Zellenstaat" und "Leucocytentruppen" - Metaphern und Analogien in medizinischen Texten des 19. und 20. Jahrhunderts. In: Der Deutschunterricht 5, 2003, S. 51-63.   * Schmiedebach, H.-P.: "Zellenstaat" und "Leucocytentruppen" - Metaphern und Analogien in medizinischen Texten des 19. und 20. Jahrhunderts. In: Der Deutschunterricht 5, 2003, S. 51-63.
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 +  * Serpente, Norberto: Cells from icons to symbols: Molecularizing cell biology in the 1980s. In: Studies in History and Philosphy of Science Part C, 42/4 (2012), S. 403-411.
  
   * Sonderheft 'Stammzellen'/'Stem Cells, in: [[http://www.metaphorik.de/08/|metaphorik.de 08/2005.]]   * Sonderheft 'Stammzellen'/'Stem Cells, in: [[http://www.metaphorik.de/08/|metaphorik.de 08/2005.]]
begriffe/zelle.txt · Zuletzt geändert: 2017/11/16 15:10 von claus